Verschiedenes



Radiometrisches Seminar Theuern


Bis 2019 hat Prof. von Philipsborn von der Uni Regensburg zweimal jährlich ein spannendes radiometrisches Seminar veranstaltet, das auch für die Öffentlichkeit zugänglich war. Nach der Corona Pandemie sieht es nun so aus, dass er dieses altershalber nicht mehr weiterführen kann und es bisher keinen Nachfolger gibt, der es weiterführt: Schade! Hier der Bericht über zwei Seminare an denen ich teilgenommen habe.

63. Seminar
Thema: Radiometrische Überwachungspraxis von Lebensmitteln und Trink- und Mineralwasser
Das Programm des 62. Radiometrischen Seminar Theuern

62. Seminar
Für dieses Seminar hat sich Prof. von Philipsborn ein besonderes Thema einfallen lassen: "Radioaktivität und Strahlungsmessung als Hobby und Beruf". Das heißt ganz explizit, Bastler und private Hobby-Strahlenschützer sind besonders willkommen.

Das Programm des 62. Radiometrischen Seminar Theuern
Aussteller zum 62. Radiometrischen Seminar Theuern
Bisherige Themenbereiche

Vortragsfolien zum Vortrag "Georeferenzierte Strahlungsmessungen" am 62. Radiometrischen Seminar Theuern

Quellenverzeichnis zum Vortragsmaterial
Externer Link zu http://www.saechsische-schweiz.de: /1/ Nationalpark Sächsische Schweiz
/2/ Rainer Karlsch, Uran für Moskau, Die Wismut – Eine populäre Geschichte,Bundeszentrale für politische Bildung 2007
Externer Link zu www.wismut.de: /3/ Umweltbericht 2014, Wismut GmbH
/4/ Airborne Gamma Anomalies in the Elbe Valley near Konigstein, Germany — Origin and Variation with Time, G. Ruhrmann, B. Schmeling Uranerzbergbau GmbH Wesseling, M. Schauer, R. Gatzweiler Wismut GmbH, Chemnitz, Germany
Erschienen in: Externer Link zu www-pub.iaea.org: IAEA-TECDOC-980 Uranium exploration data and techniques applied to the preparation of radioelement maps Proceedings of a Technical Committee meeting held in Vienna, 13-17 May 1996

Einige Bilder vom 62. Radiometrischen Seminar in Theuern


Proben Galerie

Im Haushalt auf Flohmärkten aber auch in der Natur kann man immer wieder Dinge finden, die radioaktiv sind und als Probe für den Test von Strahlungsmessgeräten dienen können. Hier eine Sammlung an Beispielobjekten und einige Messergebnisse dazu.

Galerie für radioaktive Proben


Die Radioaktivität in Stuttgart

Die Radioaktivität der Stuttgarter Königstraße und des Stuttgarter Marktplatzes

Stuttgart hat seinen Hobbyisten eine ideale Teststrecke beschert, die nun auch amtlich vermessen ist. Wer also seinen Geigerzähler kalibrieren möchte, braucht dazu nur nur auf Stuttgarts Einkaufsmeile, die Königstrasse zu gehen. Die Stuttgarter Königstrasse ist nämlich vom Rotebühlplatz bis zum Bahnhof mit Flossenbürger Granit belegt, welcher unter den Top 10 der besonders uranhaltigen Granite in Deutschland rangiert. Damit erhöht sich die Gamma Ortsdosisleistung 1m über den Boden auf etwa 0.3uSv/h. Das ist ein Faktor 3 gegenüber der benachbarten Kronprinzenstrasse, welche asphaltiert ist. Das hat für etwas Aufregung gesorgt, als es bekannt wurde.

Nun kommt es aber noch dicker, auch ein Bereich des Marktplatzes vor dem Rathaus fällt durch doch recht deutlich erhöhte Strahlung auf.

Detaillierte Ergebnisse und Untersuchungen zur Radioaktivität der Königstrasse und des Marktplatzes unter diesem Link.


Radonproblematik auch in Stuttgart

Obwohl es auf den ersten Blick nicht so recht zur geologischen Beschaffenheit des Untergrunds in Stuttgart passen will, auch in Stuttgart sind nun kritisch hohe Radon Aktivitätskonzentrationen aufgetaucht.
Externer Link zu www.stuttgarter-zeitung.de: Artikel dazu in der Stuttgarter Zeitung vom 3.12.2013
Siehe dazu auch der Bericht über die strahlende Kapelle im Höhenpark Killesberg
Hierzu gibt es auch ein Filmchen von einer Messung an der Kapelle, wo man den Geigerzähler live klicken hört:
Videoclip .wmv mit Ton: Messung mit dem Gammascout an der Kapelle (die Anzeige zeigt Werte in uSv/h)
Externer Link zu www.youtube.de: Derselbe Videoclip auf YouTube
Mit dem Szintigeigerle und dem Audio-FM Modul an der strahlenden Kapelle auf dem Killesberg. Videoclip (4MB .wmv) mit Ton
Es gibt ja Physiklehrer, die sich beklagen, dass die Freigrenzen für Prüfstrahler so dramatisch gesenkt wurden, dass man im Unterricht die radioaktive Strahlung nun gar nicht mehr live zeigen kann. In Stuttgart ist das jetzt kein Problem mehr, man muss nur eine Exkursion mit dem Geiegrzähler auf den Killesberg zu der strahlenden Kapelle machen. Zum Park fährt die Stadtbahn U5 und die Buslinie U44 direkt hin, man kann einen netten Spaziergang durch den Park machen, im Tal der Rosen etwas zur Geologie sagen, und dann auch gleich noch auf den Aussichtsturm steigen. Das ist eine willkommene Abwechslung für den Unterricht im Klassenraum, da freuen sich die Schüler und sehen gleich die Anwendung eines Strahlungsmessgeräts in der Praxis. Auch für Geographie und Erdkundelehrer in der gymnasialen Oberstufe wäre das ein nettes Programm, da es sich ja um ein ganz natürliches Radionuklid und seine Zerfallsprodukte handelt, dessen Vorkommen auf der Erde ja auch eine gewisse politische Bedeutung für die Menschheit bekommen hat.

Dass es sich hier um Uran handelt und nicht um ein anderes Radiounuklid wie z.B. Thorium, lässt sich mit Hilfe einer Gamma-Spektroskopie zeigen. Uran selbst emittiert zwar keine nachweisbare Gammastrahlung, da es aber über eine für das Uran spezifische Zerfallskette in spezielle Radionuklide zerfällt, lässt es sich an den Gamma-Energien dieser Radionuklide erkennen. Im Gamma-Spektrum sieht man die für eine Uranzerfallskette typischen Energien des Pb214 (242keV, 295keV und 352keV) sowie das Bi214 bei 609keV (der starke 75keV Peak stammt aus dem Background des Messgeräts). Vergleicht man nun das Ergebnis des Gamma-Spektrum des Mauerwerks der Kapelle, mit der von Radium bzw. einer Uran-Gesteinsprobe, dann kann man schon sehr sicher sagen, dass Uran als Mutternuklid für die Strahlung in der Kapelle verantwortlich ist. Für die schnelle, mobile Gamma-Spektroskopie geht ein spezieller Dank an Andi.
Gamma-Spektrum des Mauerwerk der strahlenden Kapelle im Höhenpark Killesberg
Gammaspektren von Radium bzw. Uranerz
Zerfallsschema für Ra226 mit den zugehörigen Gammaenergien

Das Amt für Umweltschutz hat im Jahr 2000 einige Radon-Messungen (geogenes Radon Potential der Bodenluft) im Stadtgebiet durchgeführt, aber eben nur stichprobenhaft, und hatte völlige Unbedenklichkeit konstatiert. Was man jedoch wissen muss, ist dass es in Stuttgart im Untergrund relativ viel porösen Sandstein gibt (vor allem Stuben- und Schilfsandstein) und dieser unter bestimmten erdgeschichtlichen Bedingungen das Uran offensichtlich relativ gut binden kann und das Radon auch wieder recht gut an die Oberfläche abgibt.
Mehr zu einer anderen Einschätzung der Radon Situation in Stuttgart hier
Aber es ist nicht nur der Killesberg, der von der Radon-Problematik betroffen ist, auch auf der Karlshöhe kann man eine deutliche Radioaktivität an den Überresten des ehemaligen Schilfsandstein-Steinbruchs messen. Damit kann man schon mal zwei Dinge feststellen: 1) Sandstein ist nicht immer ein gesundes Baumaterial und 2) es gibt definitiv gewisse Radon-Risikogebiete auch in Stuttgart. Siehe dazu den Bericht:
Radon-Risikogebiete in Stuttgart

Ein Versuch eine plausible geologische Erklärung dafür zu finden, wie das Uran nach Stuttgart an die Hanglagen gelangt sein könnte, kann man hier nachlesen:
Wie kommt Uran an Stuttgarts beste Hanglagen? - Zur speziellen Radon-Problematik in Stuttgart -
Und noch ein zusammenfassender Artkel: Uran in Stuttgarts bester Lage

Eine sehr schöne Studie, welche die Annahmen unterstreicht, stammt aus der Hörschbachtalschlucht bei Murrhardt. Murrhardt ist nämlich eine "Uranlagerstätte", die es sogar bis in die Listen der IAEA (Internationale Atomenergie Behörde) geschafft hat.
Die "Uranlagerstätte" Murrhardt im Schwäbischen Wald
Hier ein Kartenausschnitt, der das uranhöffige Gebiet um Stuttgart mit der Prospektionsstelle im Murrhardter Wald zeigt (schwarzes Dreieck)
In diesem Dokument beschrieb die Bundesrepublik 1977 gegenüber der IAEA ihre Uran-Prospektionsaktivitäten:
"Externer Link zu www.iaea.org: INTERNATIONAL URANIUM RESOURCES EVALUATION PROJECT (IUREP) NATIONAL PAVOURABILITT STUDIES"
FEDERAL REPUBLIC OF GERMANY
77-8846

Tja, und seit dem Herbst 2015 wird es nun ganz offensichtlich, was es auf sich hat mit der Radon-Belastung der Bungalows in der Diplomatensiedlung. Nachdem der Verkauf der ganzen Siedlung an einen Investor gescheitert ist, unternimmt die Bima als Vertreterin der Bundesregierung nun den Versuch über eine Grundstücks-Aufteilung der Siedlung einzelne Bungalows auch an privat zu verkaufen. Der grüne OB Kuhn unterstützt diese Variante. Wer sich also nicht vor Radon und den Auseinandersetzungen mit dem Denkmalschutzamt fürchtet, für den könnte es ein echtes Schnäppchen sein. Jedenfalls kann man im Rahmen einer Besichtigung als Privatmann nun auch einen Blick auf den strahlenden Sandstein im Baugrund werfen, der es an der Oberfläche immerhin auf eine Dosisleistung von 0.7uSv/h bringt und die Radon Luft im Keller schnuppern, die mit Aktivitätskonzentrationen von über 1000Bq/m3 aufwartet. Das ist für Stuttgarter Verhältnisse schon sensationell und auch im Vergleich zum deutschen Schnitt unerwartet hoch. Man sollte sich also wirklich Gedanken machen wie man hier eine Radon Sanierung durchführen kann und dabei gleich an die von der EU verlangte Gesetzgebung zu Radon denken, welche die Bundesregierung bis 2018 umsetzen muss (EU Basic Safety Standards). Zu der Radonsituation in der Diplomatensiedlung, der Geologie und den Messwerten gibt es vom Opengeiger Author ein ehrenamtlich erstelltes, ausführliches und kostenloses Gutachten, das bei Kaufinteresse über die Email Adresse im Impressum angefordert werden kann. In dem 40-seitigen Gutachten sind dann auch Hinweise auf die Rechtsgrundlagen zum Schutz der Bevölkerung vor Radon und Sanierungsvorschläge enthalten.

Messungen in der Umgebung aber zeigen, dass der radioaktie Sandstein aus dem Radon entweicht kein ganz lokeles Problem der Diplomatensiedlung ist. Auch Häuser in der Umgebung, vor allem ältere, könnten ganz genauso betroffen sein. Genauso natürlich die Mühlbachhof Schule (Grundschule) an der Parlerstrasse deren Hauptgebäude auf den Grundmauern eines alten Bauernhofes steht. Hier hätte eigentlich das Gesundheitsamt die Aufgabe auch Radon-Vorsorgemessungen zu machen, wenn man das Problem schon aus der Nachbarschaft kennt.


Messung der Gamma-Ortsdosisleistung entlang eines Messwegs auf der Mönchhalde, der Diplomatensiedlung und der Feuerbacher Heide am Killesberg mit dem hochempfindlichen Szintillationszähler

Diese georeferenzierte Messung mit dem hochempfindlichen Szintillationszähler zeigt ganz deutlich eine erhöhte Gamma-Ortsdosisleistung (Messung der Gammastrahlungung in Gonadenhöhe) im Bereich des Albrecht-Dürer-Wegs und der Parlerstrasse. Was man aber auch ganz deutlich sieht ist, dass das kein einzelner mit Uran imprägnierter Sandstein-Block ist. Das wäre geologisch auch ziemlich unwahrscheinlich. Vielmehr dehnt sich das Gebiet, in dem im Unterboden der Sandstein mit Uran impägniert ist, mindestens auf die gesamte Feuerbacher Heide aus. Genauso sieht man in der Grünanlage der Mönchhalde (am Saumweg) auch leicht erhöhte Werte. Man muss also schon davon ausgehen, dass die gesamte Kuppe des Killesberg auf dem Höhenniveau zwischen 350m und 400m mit einem uranhaltigen Sandstein bedeckt ist. Die Bevölkerung, die in diesem Bereich wohnt, sollte also in ihren Häusern sicherheitshalber den Radongehalt der Luft prüfen. Gemessen an dem Aufwand (Auslegen von kleinen Kernspurdosimetern, ca. 30Euro mit Auswertung) wäre das sicher kein großer Akt um das Risiko einer Lungenkrebserkrankung erheblich zu mindern. Aber es geht hier natürlich auch um den Einfluss auf den Wert von Immobilien, warum das ungern gemacht wird. Was die direkte Exposition der Bevölkerng durch die Gamma-Strahlung des Uran, die auf dieser Karte sichtbar wird, anbelangt, sie stellt keinerlei Bedrohung dar. Dazu muss man bedenken, dass eine Gamma-Ortsdosisleistung von 200nSv/h noch vollig im Schwankungsbereich von Werten unterschiedlicher Regionen Deutschlands liegt. Die relative schwache Änderung um etwa den Faktor 2 zeigt hier nur das Vorkommen des uranhaltigen Sandstein im Grundgestein durch den Oberboden der Wiesen hindurch an, da die Gamma-Strahlung eine sehr durchdringende Strahlung ist. In der Quantität ist der Faktor 2 aber absolut gesehen gering. Zum Vergleich, das Pflaster aus uranhaltigem Granit auf der Königstrasse bringt es auf immerhin auf etwa 300nSv/h (Faktor 3 zum Schlossgarten), also noch etwas mehr als das was man hier nachweisen kann. Man sieht auch ganz deutlich, wie zum Beispiel der Asphalt auf Strassen die Strahlung gleich merklich mindert, sie ist nur auf den Wiesengebeiten in erhöhter Dosis nachweisbar. Kritisch ist das Ganze nur, weil aus dem Sandstein im Grundgestein das radioaktive Radongas entweichen, in die Häuser eindringen und sich dort dann aufstauen kann. Und genau das sollte man eben besser selbst prüfen.

Wer an der Urangewinnung aus Sandstein-Lagerstätten interessiert ist, kann bei der Uranium Energy Corp nachlesen. Diese Firma hat ein dem hydraulischen Fracking sehr ähnliches und "besonders umweltfreundliches" und vor allem kostengünstiges In-situ Recovery Verfahren entwickelt, bei dem man nicht mal mehr aufwändige Gruben und Stollen bohren muss. Man presst dabei ein Uran-Lösungsmittel (z.B. Schwefelsäure) in den Boden, welches den Sandstein durchdringt und das Uran herauslöst. Danach saugt man die Soße wieder aus dem Boden. Man sollte sich bei der Beurteilung des Verfahrens aber an die enorm hohe chemische Toxizität des Uran erinnern (vergleichbar zu Quecksilber) und an die anderen Schwermetalle die meist parallel zum Uran vorkommen wie z.B. Arsen und Cadmium und natürlich genauso in Lösung gehen. Verwendet wurde das Verfahren z.B. in dem sogenannten Radium Mountain Projekt in Colorado. Siehe dazu auch:
Externer Link zu wikipedia.de: In-situ-leach Verfahren zur Uran-Gewinnung aus Sandstein bei wikipedia (leider bisher nur englisch-sprachig)
In USA gehört die Uran-Extraktion aus Sandstein-Lagerstätten zu einer Hauptquelle für die Uran-Gewinnung. So gesehen wäre der Sandstein des Killesberg international gesehen gar keine besondere geologische Ausnahme. Siehe auch:
Externer Link zu wikipedia.de: Uran-Bergabau in den USA (englisch-sprachig)
Aber genau genommen hat bereits die Wismut SDAG in Königstein in einer Elbsandsteinlagerstätte genau dieses Verfahren angewandt. Die Probleme, die man heute mit dem Grundwasser dort hat, kann man in den Umweltberichte der heutigen Wismut GmbH nachlesen.