Radon in Stuttgart

Wenn man auf die Radonkarte des Bundesamts für Strahlenschutz (externer Link zu www.bfs.de) schaut und auf dieser Karte Stuttgart sucht, so sieht das noch einigermaßen ungefährlich aus. Die Farbe ist blass rot und die Legende sagt dazu 40-100kBq/m3. Allerdings ist blass rot schon die vorletzte Position, darüber gibt es nur noch rot mit > 100Bq/m3. Nun gab es aber unter dem Portal der Stadt Stuttgart bis vor Kurzem auch noch Messungen zu sehen, die das Amt für Umweltschutz 2020 publiziert hat. Im Text hieß es beruhigend, Zitat: "Danach liegen die natürlichen Radonkonzentrationen in der Luft der Stuttgarter Böden mehrheitlich in den Kategorien "gering" bis "erhöht". Es gibt hierbei keine Anzeichen für flächenhafte Anomalien mit "hohen" Konzentrationen, aus denen sich weiterer Handlungsbedarf, z. B. im Rahmen der Bauleitplanung oder der allgemeinen Gesundheitsvorsorge, ableitet.", Zitat Ende.

Nachdem in der Stuttgarter Zeitung im Dezember 2013 Berichte von Radon-Belastungen in Wohnungen auftauchten, wo Mieter über hohe Werte in der Größenordnung von 1000Bq/m3 Luft klagten und in einem Expose der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zum Verkauf von Wohnungen auf dem Killesberg von Werten zwischen 66 und 2296 Bq/m3 die Rede war, da war spätestens klar, dass Radon auch in Stuttgart ein Problem sein kann.

Schaut man sich die Karte des Stuttgarter Umweltamts etwas genauer an, dann stellt man fest, dass doch einige gravierend hohe Werte gemessen wurden und zwar genau auf dem Killesberg aber auch in Botnang. Die Werte liegen bei über 200kBq/m3. Solche Werte hat man sonst nur in Gegenden, wo früher auch Uran-Bergbau betrieben wurde oder wo man weiß, dass sie als uranhöffig gelten. Das sind in der Regel Mittelgebirgsregionen wo granitiges Grundgestein offen zu Tage tritt oder aber Gebiete auf uranhaltigem Ton- bzw. Kupferschiefer-Gestein im Osten Deutschlands.

Betrachtet man aber die Lage der Messpunkte, dann erkennt man eine gewisse Systematik. Die Messungen wurden im Stuttgarter Norden und Westen entlang den Hangkanten gemacht. Schaut man sich die Geologie zum Beispiel in den Dokumenten zum Bahnprojekt von Stuttgart21(externer Link zu kus-stuttgart.de) näher an, dann fällt auf, dass sich über den Killesberg und durch Botnang eine geologische Schicht aus Schilfsandstein, in der Fachsprache auch "Stuttgarter-Formation" genannt zieht. Darüber kann man noch eine dünne Schicht Stubensandstein erkennen. Von gewissen Sandsteinen wird aber durchaus auch von einem hohen Urangehalt berichtet (z.B. von uranhaltigen-Aktivarkosen). Ausserdem ist Sandstein ein sehr poröses Gestein (im Gegensatz zu Granit), so dass die Diffusion des Radon durch das Gestein viel leichter möglich ist. Hat man es also im Stuttgarter Sandstein doch mit einer Uran-Anomalie zu tun?

Zumindest ist eines klar, Radon (Rn-222) kann nur durch radioaktiven Zerfall aus Uran enstehen (Radium Ra-226 ist ein Zwischenprodukt). Und wenn man schon so eklatant hohe Radonwerte auf dem Killesberg oder in Botnang misst, dann sollte die Stadt das Gestein doch besser auf Uran hin untersuchen. Denn so gering ist die Fläche nicht, die dieses Gestein unter Stuttgarts Boden einnimmt. Und 257kBq/m3 ist ein Wert, den man auch nicht so einfach in Städten nahe der früheren Uranabbaugebiete im Erzgebirge messen kann. Auf jedenfall ist doch eine gewisse Vorsicht geboten.

Die folgende Karte zeigt die ungefähre Lage der Messpunkte mit hohen Radon-Werten des Umweltamts in Relation zu den Schilfsandsteingebieten in der Region Stuttgart (türkis umrahmt). Beides wurde mit Hilfe einer Kartenvermessungssoftware aus den städtischen Karten extrahiert. Darunter sind die Messpunkte und ihre ungefähre Lage gelistet.

In jedem Fall empfiehlt es sich, auch in Stuttgart, die Radonkonzentration mindestens im Keller zu überprüfen. Die Kosten für eine Radon-Messdose liegt etwa bei 30 Euro, das ist angesichts der Folgen einer Lungenkrebserkrankung ein kleiner Vorsorgebeitrag, der gleich allen Hausbewohnern gleichzeitig dient. Angesichts der 1900 Radontoten pro Jahr in Deutschland oder statistisch gesehen 14 in Stuttgart, da könnte Kommissar Bienzle fast auch mal tätig werden und Nachforschungen anstellen. Das gilt nach derzeitigem Stand besonders für Wohnhäuser auf dem Killesberg und in Botnang. Besonders als Mieter sollte man die Radon-Situation klären, denn nach den neuen EU-Richtlinien (EU-Basic-Safety-Standards, verabschieded im Dezember 2013) genießt die Bevölkerung nun einen verbesserten Radon-Schutz und man kann nun ab 300Bq/m3 in der Wohnung vom Vermieter eine Sanierung verlangen.

Wenn man sich aber mit der speziellen Geologie in Stuttgart und Umgebung sowie mit dem Gestein unter Stuttgarts Böden befasst, dann findet man durchaus auch eine plausible Erklärung für das spezielle Radon Problem in Stuttgart.

Hier eine geologische Erklärung dafür, wie das Uran in Stuttgarts beste Hanglagen gekommen sein könnte.

Mehr Information zum Thema Radon und sein Gesundheitsrisiko gibt es auch auf der Webseite des Bundesamts für Strahlenschutz unter dem Stichwort Radon.



Lage der Messtellen in Stuttgart mit erhöhtem Ergebnis und Schilfsandsteingebiete (türkis umrahmt)




Erhöhte Messergebnisse auf dem Killesberg


Erhöhte Messergebnisse in Botnang

Auch die bodennahen Gewässer spiegeln das Radon-Potential in der Gegend um Stuttgart wieder. So überrascht es nicht, dass die Stadt an einigen Brunnen tief im Wald Hinweise auf die Ungenießbarkeit des Quellwassers anbringen musste. Hier ein Bericht über zwei Brunnen im Wald zwischen Stuttgart-Botnang und Stuttgart-Weilimdorf:
Ist das Stuttgarter Quellwasser radioaktiv belastet?